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Urlaubsplanung als Regenbogenfamilie

Gerade ist Reisen Corona-bedingt natürlich ein schwieriges Thema. Aber wir bleiben optimistisch und gehen davon aus, dass es spätestens nächstes Jahr wieder viele Möglichkeiten geben wird, die Welt zu entdecken. Wir können also ruhig schon ein bisschen träumen und die nächste Reise planen, oder?

So eine Reiseplanung wird ja immer von vielen ganz individuellen Faktoren beeinflusst. Wie sehen meine finanziellen und zeitlichen Ressourcen aus? Mit wem verreise ich? Möchte ich fliegen oder lieber mit dem Auto anreisen? Solche Aspekte berücksichtigt jede*r in irgendeiner Form. Regenbogenfamilie hin oder her. 

Aber auch die Tatsache, dass man eine Regenbogenfamilie ist, spielt eine Rolle in der Urlaubsplanung. In welcher Form ist natürlich von Familie zu Familie unterschiedlich. Ich möchte euch heute erzählen, wie dieser Faktor unsere Reiseplanung beeinflusst.

Die Wahl des Reiseziels

Ich gehöre zu den Reisenden, die am liebsten jede Ecke dieser Welt erkunden wollen. Ich kann überall Schönes entdecken und bin für jedes neue Abenteuer zu haben. Peru? Japan? Island? Österreich? Ich bin dabei! Egal ob weit weg oder ums Eck, Großstadt oder einsame Landschaften, tropische Temperaturen oder eisige Kälte – ich hab erstmal keine spezifischen Anforderungen an mein Reiseziel. Außer einer, da mache ich keine Kompromisse: Ich möchte, dass sich meine Familie dort sicher fühlen kann.

Und mit allein dieser Anforderungen fallen ganz schnell so einige Reiseziele weg. Denn nicht jedes Reiseland hat eine offene und tolerante Einstellung gegenüber Homosexualität. In 69 Staaten wird Homosexualität noch strafrechtlich verfolgt, in elf davon kann sogar die Todesstrafe drohen. 

Das schwule Online-Reisemagazin Spartacus bringt seit 2012 jährlich den Gay Travel Index raus. Darin prüft Spartacus alle Länder und Regionen der Welt anhand von 17 Kategorien auf ihren Umgang mit der LGBTQ-Community. Die Kategorien umschließen gesetzliche Regelungen, religiöse Einflüsse, Kriminalität gegenüber queeren Menschen und vieles mehr. Anschließend werden die Länder gerankt – von dunkelgrün (sehr positiv für queere Menschen) bis dunkelrot (sehr negativ für queere Menschen). 2020 waren Kanada, Malta und Schweden die Spitzenreiter. Saudi-Arabien, Somalia und Tschetschenien bildeten das dunkelrote Schlusslicht. 

Wenn ich eine Reise plane, werfe ich immer einen Blick in den Gay Travel Index und informiere mich dann gegebenenfalls noch zu einzelnen Punkten weiter. Ich wollte zum Beispiel immer unbedingt nach Peru, habe mich nun aber erst einmal dagegen entschieden. Dort haben große Teile der Bevölkerung Probleme mit queeren Menschen und auch die Gesetzgebung ist nicht gerade LGBTQ-freundlich.

Natürlich ist mir bewusst, dass wir als weiße, privilegierte Touristinnen vermutlich ohne großes Risiko in peruanischen Hotels übernachten, in Restaurants essen gehen und den Machu Picchu erklimmen könnten. Ich bin mir aber auch bewusst, dass ich mich unwohl fühlen würde, wenn ich auf der Straße die Hand meiner Frau nehmen würde oder mir zweimal überlegen müsste wem ich erzähle, dass wir beide die Mamas unseres Sohnes sind. Und das möchte ich nicht. Dann reise ich doch lieber nach Kanada, Malta oder Schweden.

Unterkunft, Aktivitäten & Co. - Einfach buchen und los?

So, das Reiseziel ist nun also gewählt. Jetzt geht’s endlich an die konkrete Buchung. Die Anreise will geplant werden und wo kommen wir eigentlich vor Ort unter? Ich bin ein großer Fan von Ferienwohnungen. Ich mag die persönliche Note dieser Unterkünfte und den Austausch mit den Vermieter*innen, die oft tolle Tipps für den Urlaub vor Ort haben. Aber gerade wegen dieser persönlichen Note ist es mir schon bei der Buchung wichtig, klarzustellen, dass ich mit meiner kleinen Regenbogenfamilie anreise. Bei jeder ersten Kontaktaufnahme zu den Vermieter*innen einer potenziellen Ferienwohnung erwähne ich, dass wir eine Familie sind und unterzeichne mit all unseren Vornamen, so dass deutlich wird, dass es sich um zwei Frauen und ein Kind handelt. Warum mir das so wichtig ist? Falls die Empfänger*innen der Nachricht damit ein Problem haben, können sie die Buchung einfach ablehnen und ignorieren. Wenn die Buchung angenommen wird und vielleicht sogar noch eine nette Antwort folgt, dann kann ich entspannt anreisen.

Das gleiche gilt oft auch für Buchungen von Aktivitäten. Ich gehe im Vorfeld schon sehr bewusst offensiv mit der Info um, dass wir eine Regenbogenfamilie sind. So können sich Tourguides oder Veranstalter*innen falls nötig schon mal an den Gedanken gewöhnen und wir ersparen uns den ein oder anderen verwirrten Blick. Ob diese Vorsichtsmaßnahmen wirklich nötig sind? In vielen Fällen vielleicht nicht. Aber ich fühle mich deutlich wohler, wenn Menschen vom Anblick meiner wundervollen Familie nicht irritiert sind. Und wenn ich dieses Risiko mit ein paar Vorkehrungsmaßnahmen verringern kann – why not? 

Jede Entscheidung ist individuell

Dieser kleine Einblick in meine Gedanken zur Urlaubsplanung als Regenbogenfamilie ist natürlich nicht mehr als das – ein kleiner Einblick in meine Gedanken. Ich bin mir sicher, dass viele Regenbogenfamilien ihre Reisen ganz anders planen. Sich nicht davon abhalten zu lassen, den Machu Picchu mal live zu sehen, nur weil man als Regenbogenfamilie diskriminiert werden könnte, ist zum Beispiel auch eine völlig nachvollziehbare Einstellung. Aber solange nicht jede Familienkonstellation überall als gleichwertig wahrgenommen wird, bleibt es für mich ein Faktor, den ich bei der Reiseplanung mitdenke. Zumindest machen ich mir viel mehr Gedanken über meine Reisen seit ich als Regenbogenfamilie und mit Verantwortung für ein Kind unterwegs bin.

Auch wenn es in diesem Artikel möglicherweise so klingt, also würde das meine Reisefreiheit ordentlich einschränken, kann ich der ganzen Situation durchaus auch positive Seiten abgewinnen. Ich kann mich sowieso nie entscheiden, wo ich als nächstes hin möchte. Da ist es gar nicht so schlimm, wenn ein paar Länder schon direkt keine Option mehr sind. Außerdem setze ich mich inzwischen viel mehr mit meinen Reisezielen auseinander und erlebe sie so noch intensiver. 

Wie sieht es bei euch aus? Plant ihr eure Reisen anders, seit ihr eine Regenbogenfamilie seid?

Schreibt eure Gedanken dazu gerne in die Kommentare.

geschrieben von Alex Schmidt

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