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5 Fragen an Michaela Herbertz-Floßdorf

Michaela Herbertz-Floßdorf ist Pädagogin mit Zusatzausbildung in Kommunikationspsychologie, Mediatorin, Coach und Supervisorin, selbständig mit www.mundwerk-training.de. Sie lebt in eingetragener Lebenspartnerschaft mit ihrer Frau und hat zwei Kinder, davon eines autistisch. 

 

In welchem Rahmen engagierst du dich für Regenbogenfamilien?

Seit 2008 engagiere ich mich für die politische und gesellschaftliche Gleichstellung von LSBTIQ-Personen mit Kinderwunsch und Regenbogenfamilien. Zunächst kommunal in Düsseldorf im Rahmen der AG Regenbogen gemeinsam mit Eva Bujny (frauenberatungsstelle düsseldorf), dann ab 2012 im Land NRW mit der Gründung der LAG Regenbogenfamilie in NRW über den Verein vielfältig e.V. gemeinsam mit Meike Adam, Eva Schwarzer (Vorstand) und vielen anderen tollen Lesben aus NRW. Ab 2018 habe ich schließlich die BIG RBF F (Bundesinteressengemeinschaft Regenbogenfamilien Fachkräfte). https://big-regenbogenfamilien.de/ als bundesweite Vereinigung von Fachkräften mitbegründet. 

Seit April 2020 bin ich kein Vorstandsmitglied mehr und bearbeite das Themenfeld nun nicht mehr im Ehrenamt, sondern hauptberuflich mit MundWerk-Training, auch in der Verknüpfung mit anderen Vielfaltsthemen und weiterhin aktiv im Bundesnetzwerk. 

 

Was ist deine Motivation dich für Regenbogenfamilien zu engagieren?

Ungerechtfertigte Ungleichbehandlung im Sinne von Chancengleichheit bringt meinen Blutdruck in schwindelnde Höhen, ich könnte also wegsehen, atmen und hoffen, dass sich die Diskriminierung von alleine erledigt oder ich stehe auf und tue etwas für die Gleichstellung. Da ich nicht der Mensch bin, der wegsehen kann, habe ich mich für das Handeln entschieden. Das geht am besten mit anderen zusammen! Jeder Mensch darf Familie gründen, es ist unsere Aufgabe als Gesellschaft, Familien jeder Art und Farbe in dieser großen Aufgabe zu unterstützen und zu begleiten. Letztendlich haben alle Menschen etwas davon! 

 

Welche Themen siehst du zur Zeit als wichtig und drängend an?

Hinter vielen Themen, die sich an der Oberfläche von Regenbogenfamilien zeigen, stehen große gesellschaftliche Themen. Eins dieser Themen ist das Leben in einer normativen Welt, die sich unter anderem als verinnerlichte Homo- und Transfeindlichkeit zeigt.  Leider tragen immer noch viele LSBTIQ-Personen, die Ablehnung ihrer Identität in sich, weil sie (wie alle anderen auch) in einer homo- und transfeindlichen Welt aufgewachsen und sozialisiert worden sind und der Prozess selten bewusst ist. Es gibt selten heterosexuelle Eltern, die beim Coming-out des eigenen Kindes sagen: „Es ist so schön, dass du lesbisch/schwul/trans* bist, wir haben uns das schon immer gewünscht!“. Viele LSBTIQ-Personen haben ihr Coming-out anders erlebt, mussten viel Energie aufbringen, hatten keine Selbstverständlichkeit und haben aus diesem Prozess heraus eine wachsende Resilienz entwickelt. Diese gewichtige Ressource gilt es anzuerkennen. Die aktuelle Situation ist allerdings eher so, dass sich LSBTIQ-Personen immer noch dauernd erklären müssen, vor allem dann, wenn sie Familie haben. Familie bzw. deren Gründung ist immer noch sehr stark mit Heterosexualität assoziiert. 

 

Was muss sich deiner Meinung nach gesellschaftlich und politisch bewegen, damit Regenbogenfamilien gleichgestellt sind?

Die Reform des sogenannten Abstammungsrechtes! Lesbische Mütter müssen immer noch ihre eigenen Kinder adoptieren, das muss aufhören! Insgesamt ist es wichtig, dass (nicht ausschließlich) Familiengründung selbstbestimmter wird. Alle Menschen sollten Zugang zu Reproduktionsmöglichkeiten bekommen und es sollte mehr reproduktive Gerechtigkeit geben, übrigens weit über nationale Grenzen hinaus! Privilegien spielen eine große Rolle bei den Möglichkeiten der Familiengründung und wir leben in einer diskriminierenden Welt. Die Themen Rassismus, Sexismus, Adultismus, Ableismus, Klassismus, Homo- und Transfeindlichkeit spiegeln sich alle im Themenfeld Regenbogenfamilie wider und müssen bearbeiten werden! Ein ganz deutlicher Punkt ist die Anerkennung der Fürsorgearbeit als Arbeit! Für all diese Themen brauchen wir Politik und vor allem auch die Bildungsinstitutionen an unserer Seite, um zur Selbstreflexion der Einzelnen anzuregen und Mut zum Handeln gegen jegliche Form der Diskriminierung und Gewalt zu machen und die Vorteile für ALLE in unserer Gesellschaft zu verdeutlichen! 

 

Wenn du drei Wünsche offen hättest, was würdest du dir für Regenbogenfamilien wünschen?

  • Den Mut, die Möglichkeiten und das Vertrauen für alle Menschen, ihre ganz eigene Familie zu gründen.
  • Politische und gesellschaftliche Chancengleichheit 
  • Eine Bewusstheit für die eigenen Privilegien zu entwickeln, den Blick über den Tellerrand, eine Offenheit im Kontakt zu anderen, die auch für eine partizipative Gesellschaft arbeiten und Solidarität untereinander! 

Vielen Dank für das Interview! 


 

Michaela Herbertz-Floßdorf

 

Webseite: Mundwerk

Podcast: Vielfalt, Verantwortung, Vision!

Mail: info@mundwerk-training.de

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