Eingeschränkte Spielfreuden

Ein regnerischer Tag in unserem Urlaub an der Ostsee. Kein Wetter für einen Strandtag. Zur großen Freude unserer beiden Kinder beschließen wir in die nächstgrößere Stadt zu fahren. Dort gibt es einen Indoorspielplatz. Wir ahnen nicht dass uns kein ungetrübtes Spielvergnügen bevorsteht.

Wir steigen ins Auto und fahren durch den Dauerregen durch die mecklenburg-vorpommerische Küstenlandschaft. Während die Kinder in freudiger Erwartung auf Klettervulkan, Hüpfburgen und Trampoline auf der Rückbank herumzappeln, haben meine Frau und ich uns gut eingedeckt mit Lesestoff und Ohropax – so ein Tag im Indoor-Spielplatz kann lang und laut werden.

In der Indoorhalle angekommen, steuern wir auf die Kasse zu: "Eine Familienkarte bitte.“ Die Frau hinter der Kasse schaut erst mich, dann meine Frau, dann unsere Kinder an. "Eine Familienkarte gibt es nur für Familien.“ Ich: "Ja genau. Wir sind eine Familie. Meine Frau. Meine Kinder. Und ich. Eine Familie.“ Die Frau schaut uns abgeklärt und leicht aggressiv an: "Nö, tut mir leid, aber darauf falle ich nicht rein. Diese Nummer wurde hier schon öfters versucht. Eine Familie, das sind Vater, Mutter, Kind. Und sonst nix.“ Will sie uns ernsthaft erzählen, dass regelmäßig heterosexuelle Menschen mit Kindern vor ihr stehen, die sich als Regenbogenfamilien ausgeben, nur um eine Familienkarte zu ergattern und drei Euro zu sparen?

Durch meine Frau und mich geht ein Ruck der Empörung. Aber noch sind wir guten Willens der engstirnigen Dame auf die Sprünge zu helfen. "Hören Sie, wir sind ein lesbisches Paar. Und das sind unsere gemeinsamen Kinder. Wir haben Anspruch auf eine Familienkarte, wie jedes andere Elternpaar mit seinen Kindern auch. Auch Lesben haben heutzutage Kinder. Davon müssten auch Sie schon mal gehört haben.“

Sie: "Wir haben hier unsere Regeln. Für Sie gibt es keine Familienkarte und damit Basta.“ Unsere Kinder stehen daneben und schauen verstört. Warum kaufen wir nicht endlich unsere Eintrittskarte und gehen rein? Was will die Frau? Und warum sind unsere Mamas so aufgebracht? Meine Frau und ich gehen ein paar Schritte zur Seite und versuchen unseren Kindern die Situation zu erklären. Das ist nicht leicht. Wie erklärt man seinen Kinder, für die es das Selbstverständlichste auf der Welt ist, dass wir eine Familie sind, dass dort eine Frau steht, die nicht glauben will, dass es so ist?

Meine Frau ist so aufgebracht, dass sie die Kletterhalle verlassen will. "Bei dieser homophoben Zicke kaufe ich keine Eintrittskarte. Die kriegt keinen Cent von mir. Wir gehen!“ Aber wie sollen wir das den Kindern erklären, die sich wie Bolle auf den Tag hier gefreut haben? „Nein“, sage ich, „Wir lassen uns nicht klein kriegen. Wir sind im Recht. Ich will den Geschäftsführer sprechen!“ Die Dame hinter der Kasse erklärt uns, dieser sei nicht im Haus und auch telefonisch nicht erreichbar. Ich: "Geben Sie mir seine Visitenkarte. Wir werden uns bei Ihrem Geschäftsführer über Sie beschweren. Er wird von uns hören.“

Sie scheint nun doch bereit zu sein ein wenig auf uns zu zu kommen: "Dann zeigen Sie mir Ihren Personalausweis. Wenn Sie verheiratet sind, dann haben Sie ja auch den gleichen Namen.“ Wir: "Wie  andere Verheiratete auch, haben wir bei unserer Verpartnerung unseren jeweiligen Namen behalten.“ Sie schaut triumphierend, als hätte Sie einen Etappensieg über uns errungen. Wir zücken dennoch unsere Ausweise und zeigen ihr, dass wir die gleiche Adresse eingetragen haben. Sie notiert sich unsere Personalausweis-Nummer. "Wie irre ist das denn?", denke ich. Aber wir lassen es geschehen und dürfen nun endlich unsere Familienkarte kaufen. Die Kinder rennen glücklich in ihr Spielparadies. Meine Frau und ich sind schweißgebadet und noch immer sehr aufgebracht.

Der Tag in der Indoorhalle war dann doch noch wie erwartet: glücklich und erfüllend für unsere Kinder, laut und anstrengend für uns Mütter. Beschwert haben wir uns letztlich bei dem Geschäftsführer nicht. Leider. Wir hätten es tun sollen. Aber in und nach dem Urlaub rückte dieses Erlebnis in den Hintergrund. Glücklicherweise stellt dieses diskriminierende Erlebnis in der mecklenburg-vorpommerischen Provinz für uns eine Ausnahme dar. Ob im Schwimmbad oder in der Kletterhalle, in Köln haben wir bisher immer widerspruchslos eine Familienkarte erhalten.

geschrieben von Familie Regenbogenbunt


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