Nach zwei Jahren Corona-Pandemie sind wir alle genervt. Genervt von den endlosen und sich ständig ändernden Schutzmaßnahmen und den damit einhergehenden Einschränkungen in unserem Familienalltag. Wir sind erschöpft vom Homeschooling und von vorsorglich in Quarantäne geschickten Kita- und Schulkindern. Wir sind frustriert vom ungenügenden Blick auf die Situation in den Kitas und Schulen, von fehlenden Luftfiltern, überforderten bis ausgebrannten Lehrkräften.
Wir sind betrübt über nicht stattgefundene Kindergeburtstagsfeiern, nicht stattgefundene Abschlussfeiern im Kindergarten oder in der Grundschule und abgespeckten Einschulungsfeiern. Wir sind traurig über Kinderfreundschaften, die ihren Kontakt mehr digital als im realen Leben pflegen müssen. Wir machen uns Sorgen über ausgefallenen oder versäumten Unterricht und Lücken im Lernstoff. Wir vermissen tragfähige Konzepte des Schulministeriums, wie diese Lücken bedarfsgerecht und zeitnah mit innovativen Angeboten aufgeholt werden können.
Spezifische Auswirkungen von Corona auf (werdende) Regenbogenfamilien
Die Corona Schutzmaßnahmen haben uns Regenbogenfamilien genauso getroffen wie alle anderen Familien. Darüber hinaus haben sie aber für uns auch die Möglichkeiten stark eingeschränkt uns mit anderen Regenbogenfamilien zu vernetzen, uns zu treffen und uns auszutauschen. Als Familien außerhalb der Heteronormativität sind wir angewiesen auf Community-Strukturen, in denen wir auf Gleichgesinnte treffen, bei Gruppentreffen oder Veranstaltungen. In den letzten beiden Jahren konnte all dies nicht oder nur sehr eingeschränkt stattfinden.Hinzu kommen die sich verstärkenden Hürden, wenn wir ein Beratungsangebot in Anspruch nehmen wollen oder, wenn wir noch in der Kinderwunschphase sind und Treffen mit Samenspendern oder Fahrten zu in- oder ausländischen Samenbanken anstehen.
Corona hat auch positive Effekte
Aber die Pandemie hat auch ihr Gutes. Wir haben den digitalen Raum neu kennengelernt als Möglichkeit mit Freund*innen und Gleichgesinnten zusammenzukommen. Fortbildungen, Beratungen und Vernetzungstreffen via Zoom oder einer anderen digitalen Plattform sind für uns zu einer neuen Normalität geworden. So hatten wir im Laufe der letzten beiden Jahren die Chance an vielen Angeboten und Events teilzunehmen, die uns sonst nicht möglich gewesen wären. Räumliche Entfernungen zwischen Städten und Regionen sind dadurch zusammengeschmolzen. Gerade für Regenbogenfamilien im ländlichen Raum ein großer Zugewinn. Auch für Regenbogenfamilien, die sich bisher wenig angesprochen fühlten von Angeboten und bestehenden Gruppen, gab es so die Möglichkeit sich mit ihren spezifischen Bedarfen und Themen auszutauschen. Auch für die Vernetzung über (Bundes)Ländergrenzen hinweg ein großes Plus.
Information, Austausch, Beratung und Vernetzung im Digitalen
Es haben Online-Buchvorstellungen und -Lesungen stattgefunden. Es gab Gruppen-Meetings und Fachvorträge in weit entfernten Städten, an denen wir partizipieren konnten. Auch Beratungsangebote haben zeitweilig online stattgefunden, wie beispielsweise die Beratungen im rubicon Köln. Die Fachberatungsstelle für Regenbogenfamilien in Düsseldorf bietet digitale Infoabende zum Thema "Endlich Regenbogenfamilie – Und jetzt? an. Auch das Familienfest "Alle meine Farben" der Bundeskunsthalle in Bonn hat in 2021 digital stattgefunden.
Veranstaltungen für Trans* und nicht binäre Menschen mit Kinderwunsch
Das Regenbogenfamilienzentrum Berlin bot einen Geburtsvorbereitungskurs für Queers im Hybridformat an. Auch BERTA in Stuttgart bietet zusammen mit der queeren Hebamme Annika Geburtsvorbereitungskurse für queere werdende Eltern an, die vielleicht aus auch Köln kommend eine Reise wert sind. Ende letzten Jahres fand ein Empowerment-Workshop für trans* und nicht-binäre Menschen mit Kind(ern) oder Kinderwunsch statt.
Dauerhafte Angebote für euch, online und digital
Die Pandemie ist noch nicht vorbei. Wir stecken mitten in der vierten (oder ist es die fünfte?) Welle. Kontaktbeschränkungen und Schutzmaßnahmen werden uns auch in den nächsten Wochen (bis Monaten) weiter begleiten. Deshalb ist es gut zu wissen, dass es weiterhin spannende und informative Angebote für uns Regenbogenfamilien gibt.
NETZWERK FÜR REGENBOGENFAMILIEN
Der Verein vielfältig e.V. hat eine Online-Community aufgebaut, in der Regenbogenfamilien sich vernetzen und austauschen können. Ein soziales Netzwerk für Regenbogenfamilien, alle, die es werden wollen und Allies. Ein geschützter Raum für den Austausch, (neue) Verbindungen und viele Pläne.
Digitale Module für Regenbogenfamilien
Michaela Herberts-Floßdorf mit MundWerktraining bietet zwei digitale Module zum Thema "Regenbogenfamilie werden" und "Regenbogenfamilie sein" an.
Das erste Modul „Regenbogenfamilie werden“ beinhaltet ausführliche Informationen für lesbische und queere Personen mit Kinderwunsch.
Das zweite Modul „Regenbogenfamilie sein“ begleitet Regenbogenfamilien in ihrem Wachstum durch die verschiedenen Phasen des Familienlebens.
Vielfältige Hörererlebnisse für Regenbogenfamilien
Auch Podcasts mit vielfältigen und queeren Familienthemen haben in der Pandemie-Zeit regen Zuwachs erhalten.
Liebe ist politisch. Familien unter dem Regenbogen
Was bedeutet es, eine Regenbogenfamilie zu gründen? Welche Herausforderungen müssen Regenbogenfamilien im Alltag meistern? Lesbisch.Sichtbar.Berlin spricht mit den Gästinnen Constanze Körner vom Verein LesLeFam e.V. und Ina Rosenthal von RuT Rad und Tat e.V./Pink Dot über lesbische* Mutterschaft, über das Familienleben außerhalb der Vater-Mutter-Kind-Konstellation und die Auswirkungen der Pandemie auf das Zusammenleben in Regenbogenfamilien.
FAMILIE IST BUNT! In "Gay Mom Talking" spricht Regenbogen-Mama Madita mit Regenbogenfamilien über ihre ganz persönlichen Familiengeschichten.
Vielfalt, Verantwortung, Vision
In Vielfalt steckt für ALLE mehr drin! Unter diesem Motto hat Mundwerk-Training eine Podcast-Reihe auf den Weg gebracht, die das Thema Vielfalt mit wichtigen Fragen nach Vereinbarkeit und Verantwortung kombiniert, um gemeinsam mit den Gästen Visionen einer vielfältigen Zukunft zu entwickeln. In Episode 8 geht es um Regenbogenfamilien.
Save the Date: Termine, auf die wir uns freuen
Am 1. Mai ist der international familiy equality day (IFED). Nordrhein-Westfalen weit wird es eine zentrale Veranstaltung für Regenbogenfamilien in Duisburg geben. Weitere Infos hierzu wirst du demnächst bei uns unter Aktuelles und (ab März) auf regenbogenfamilien.nrw erhalten.
Die Akademie Waldschlösschen lädt Eltern und ihre Kinder vom 15. bis 18. August ganz herzlich zu einer Familienfreizeit ins Waldschlösschen ein. Die Freizeit soll ein Ort zum auftanken und vernetzen sein, für Eltern und für Kinder.
rubicon Köln bietet in Kooperation mit PEV (Progressiver Eltern- und Erzieherverband NW e.V.) ein Familienseminar über Fronleichnam 2022 (15.06.2022 – 19.06.2022) in Elkhausen (nahe Betzdorf) an. Fernab alltäglicher Verpflichtungen und häuslicher Aufgaben stellt dieses verlängerte Eltern-Kind-Wochenende Aktionen und Übungen in den Mittelpunkt, welche die verschiedenen Beziehungen innerhalb der eigenen Regenbogenfamilie vertiefen.
Und die Fachstelle Regenbogenfamilien NRW, die es seit August 2021 unter dem Dach des Queeren Netzwerk NRW gibt, informiert ab März 2022 in einem queeren Familiennewsletter über alle anstehenden Termine und Themen für Regenbogenfamilien in NRW. Jetzt anmelden zum Newsletter
Den Kopf nicht hängen lassen, sonst verrutscht das Krönchen
Wir alle leisten seit Anbeginn dieser Pandemie verdammt viel an Familienarbeit, Caring, Flexibilität und Verantwortung. Lasst euch nicht unter kriegen! Trotz der Umstände. Es gibt ein Leben nach Corona. Und das wird - hoffentlich - wieder regenbogenbunt und face-to-face vernetzt.
geschrieben von Birgit Brockerhoff
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FrauKe (Samstag, 12 Februar 2022 23:19)
Thanks * für diese Zeilen * spricht mir aus dem Herzen * ist alles echt sch…aber es gibt Lichtblicke * und die sind hier gut zusammen gefasst.