Jeden dritten Freitag im Monat verwandelt sich das rubicon Beratungszentrum in Köln zu einem Familientreff für Babys, Kleinkinder und ihre Eltern. Auf dem Boden des Gruppenraums sind dann Bälle, Holzbausteine, Rasseln und anderes Spielzeug ausgebreitet. Alle reden, singen und spielen miteinander, so wie es in Krabbelgruppen eben üblich ist.
Und doch sind die „krakelas“, wie sich die Gruppe nennt, neben aller Normalität auch besonders: Denn die Babys und Kinder wachsen in Regenbogenfamilien auf. Die meisten leben bei Mama und Mami oder Papa und Papi, andere haben gleich vier schwule und lesbische Elternteile und wieder andere haben Eltern, die sich als bisexuell, trans* oder queer begreifen.
Seit dem 1. Dezember 2015 betreue ich den Themenschwerpunkt Regenbogenfamilien im rubicon. Nach wie vor bin ich beeindruckt von den Nachmittagen mit den „krakelas“, denn das rubicon wird dann zu einem Ort, an dem insbesondere lesbische, aber auch schwule, bisexuelle, queere und trans* Eltern und ihre Kinder sich ganz selbstverständlich miteinander austauschen und gemeinsam Zeit verbringen.
Die meisten der Eltern berichten viel Positives über ihr Leben als Regenbogenfamilien in Köln. Sie erzählen von der gut funktionierenden Vernetzung der Regenbogenfamilien untereinander und von Akzeptanz und Wertschätzung, die ihnen nicht nur innerhalb der LSBTQ-Szene, sondern auch in der heterosexuellen Mehrheitsgesellschaft immer wieder entgegengebracht werden. Viele haben im Laufe ihrer Familiengründung durchweg gute Erfahrungen mit den Reaktionen ihres näheren Umfelds oder von Außenstehenden gemacht.
Ihren Alltag als Regenbogenfamilie erleben sie als mit ähnlichen Schwierigkeiten und Problemen verbunden wie heterosexuelle Eltern. Neben diesen positiven Erlebnissen gibt es aber auch Situationen, in denen Regenbogenfamilien Akzeptanz und Anerkennung verwehrt werden, beispielsweise durch MitarbeiterInnen von Behörden und Ämtern, auf dem Spielplatz, in der Kita, in der Schule, bei KinderärztInnen oder im Café um die Ecke.
Außenstehende können sich oft gar nicht vorstellen, dass das in einer schwul-lesbisch geprägten Stadt wie Köln noch passiert. Regenbogeneltern hören oft Sätze wie: „Was wollt ihr denn, ihr habt doch schon alles erreicht!“ Der Alltag der Familien zeigt aber, dass das Bagatellisierungen sind. Nach wie vor ist die Gesellschaft heteronormativ strukturiert. Heterosexualität als Norm wird nicht hinterfragt. Die Idee, es gäbe nur die Geschlechter Mann und Frau, ist weiterhin wirkmächtig, ebenso die Vorstellung, dass Elternschaft im Idealfall eine Mutter und einen Vater umfasst.
Genau hier setzt die Fachstelle für Regenbogenfamilien im rubicon an: Wir setzen uns dafür ein, dass alternative Familienformen die Akzeptanz und Unterstützung erhalten wie das – noch – traditionelle Familienbild. Lesbische, schwule, bisexuelle, trans* und queere Eltern sowie ihre Kinder sollen in Köln selbstbewusst, angstfrei und gleichberechtigt leben können. rubicon e.V. verfolgt mit der Fachberatung für Regenbogenfamilien drei Ziele:
Erstens wird das bereits etablierte psychosoziale Beratungsangebot für Regenbogenfamilien und alle, die es werden wollen, weitergeführt und ausgebaut. Zweitens wird es Bildungsangebote für Regenbogenfamilien selbst geben – beispielsweise in Form von Workshops für die Zeit vor und nach der Familiengründung. Denkbar sind Themen wie die Vielfalt von Elternschaft oder ein Austausch darüber, welche Herausforderungen der Alltag als Regenbogenfamilie mit sich bringen kann und wie ein konstruktiver Umgang damit möglich ist. Informationsveranstaltungen und Diskussionsrunden zum Thema sind ebenfalls geplant.
Teil des Bildungsschwerpunkts ist darüber hinaus die Fachberatung von familienbezogenen Fachkräften in Köln. In Weiterbildungen gilt es, eine Auseinandersetzung von Fachkräften mit der Familienform „Regenbogenfamilie“ zu fördern und heteronormative Haltungen zu reflektieren. Unser Anliegen ist es, die Beratungssituation für Regenbogenfamilien zu verbessern.
Drittens wollen wir das ehrenamtliche Engagement unterstützen und die Vernetzung von Angeboten für Regenbogenfamilien fördern. Es gibt bereits einige etablierte und gut angenommene Selbsthilfestrukturen von Regenbogenfamilien in Köln. Wir wollen sie verstärkt in ihrer Arbeit unterstützen, beispielsweise indem wir Gruppen und Interessent*innen miteinander in Kontakt bringen, gemeinsame Veranstaltungen koordinieren und Akteur*innen der Familien- und LSBTQ-Politik miteinander vernetzen.
Außerdem geht es darum, die vielfältigen Lebensweisen von Regenbogenfamilien im Kölner Stadtbild noch sichtbarer zu machen, beispielsweise auf der CSD-Parade im kommenden Sommer. Auf ein queeres und regenbogenfamilienbuntes Jahr 2016!
geschrieben von Sarah Dionisius
Sarah Dionisius ist im rubicon für die Bildungs-, Beratungs- und Vernetzungsarbeit mit dem Schwerpunkt Regenbogenfamilien zuständig. Sie ist Diplom-Politikwissenschaftlerin und forscht zu LSBTTIQ-Themen, insbesondere zu lesbischer und queerer Elternschaft.
Bei Anregungen, Fragen, Vernetzungswünschen oder anderen Anliegen zum Thema Regenbogenfamilien in Köln bitte melden bei:
Sarah Dionisius
rubicon e.V.
Rubensstraße 8-10, 50676 Köln
fon: +49-(0)221 – 27 66 999 – 36
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